ich nehme euch heute wieder einmal mit in den harz. diesmal geht es in die nähe von bad harzburg. wir wandern ins wunderschöne eckertal und kommen zuerst an einem "lost place" vorbei: der alten bahnlinie zwischen bad harzburg und stapelburg, die durch die innerdeutsche grenze unterbrochen und 1955 stillgelegt wurde.
eine brücke und ein kleiner rest der schienen ist noch erhalten geblieben und man kann sich gut vorstellen, wie sich die bahn einmal einspurig durch das tal schlängelte.
im weiteren verlauf unserer wanderung kommen wir durch einen verwunschenen bärlauchwald. hier blüht er fast im wasser der ecker und der duft begleitet uns lange.
mitten durch das eckertal verlief einmal die deutsch-deutsche grenze! wie gut, dass wir heute dort langspazieren können!
nicht nur bärlauch wächst dort im wald - lichtnelken und salomonssiegel und einiges andere haben wir entdeckt.
nach einer weile öffnet sich plötzlich das enge tal und man steht auf einer großen wiesenfläche, die durch birken und ahorn unterbrochen wird. dort befinden sich einige hütten und tafeln, die darauf hinweisen, dass sich hier einmal ein "jungborn"-gelände befand. nein, auch wenn es sich vielleicht so anhört und einige schriftzüge so aussehen, es war keine nazi-einrichtung!
der jungborn wurde bereits 1896 von adolf just als "naturheilanstalt" gegründet und war besonders für die menschen gedacht, die von der schulmedizin enttäuscht waren. just selbst galt zuvor wegen einer nervenkrankheit als unheilbar. nachdem er sich ausführlich über naturheilkundliche verfahren informiert hatte, wurde er nach einer viermonatigen kneippkur wieder völlig gesund.
der jungborn wurde bereits 1896 von adolf just als "naturheilanstalt" gegründet und war besonders für die menschen gedacht, die von der schulmedizin enttäuscht waren. just selbst galt zuvor wegen einer nervenkrankheit als unheilbar. nachdem er sich ausführlich über naturheilkundliche verfahren informiert hatte, wurde er nach einer viermonatigen kneippkur wieder völlig gesund.
"Der Jungborn wollte inmitten einer schönen Natur dem erschöpften und
kranken Menschen in seiner eiligen, unruhvollen Zeit durch einfaches
naturnahes Leben, Ruhe und Besinnung bringen, Einkehr und Sammlung
vermitteln sowie den Menschen umstimmen und erneuern, nicht nur seine
Krankheit heilen." quelle
dieser text könnte aus einem prospekt eines heutigen ganzheitlich orientierten wellnesshotels stammen...
"Wasser , Erde, Licht und Luft – das sind die Heilmittel der Natur nach
ewigen Gesetzen. Diese vier Urelemente, verbunden mit der bewährten
fleischlosen Jungborn-Ernährung und einer gesunden, bejahenden
Lebenseinstellung standen im Mittelpunkt der Jungborn-Heil- und
Lebensweise und wurden ganz individuell angewandt. Hinzu kam eine
bestens bewährte Heilgymnastik mit Atem- Lockerungs- und
Entspannungsübungen sowie eine besondere, durchgreifende und belebende
Massage." quelle
wie oben beschrieben gab es nur vegetarische ernährung. gemüse und obst wurden später sogar auf dem gelände angebaut. was es dort zu essen gab könnt ihr hier nachlesen. das gesamte kochbuch "der jungborn-tisch" von adolf just von 1910 findet man hier.
solche möbel könnte ich mir gut im garten vorstellen!
das gelände des jungborn war riesig (ca 75000 m²). den mittelpunkt bildete der ehemalige gasthof eckerkrug um den herum sich lichtlufthäuser, lufthütten und speisesäle gruppierten. das gelände war in verschiedene parks (damen- und herren- und friedrichspark) aufgeteilt.
die beiden obigen bilder hab ich von der infotafel (s.u.) abfotografiert.
seit 2006 wird das gelände von einem verein betreut. ein infostand informiert über die inhalte und die geschichte des jungborn im harz. wer mehr über den gründer, das konzept und die weitere geschichte lesen möchte: hier geht`s lang!
und wenn ihr euch noch ein bisschen amüsieren wollt, dann lest in diesem beitrag wie franz kafka 1912 einen dreiwöchigen aufenthalt im jungborn erlebte. dort findet ihr auch einen link zu kafkas reisetagebuch.
meinen beitrag verlinke ich mit sigruns "lost places".
20 Kommentare:
Hallo Mano,
die schönen Fotos und Dein toller Bericht machen Lust, sofort das Eckertal und den Jungborn zu erkunden! Das Eckertal steht schon einige Zeit auf meiner Wunsch-Wanderliste, nach Deinem Post wird es jetzt wohl nicht mehr lange dauern, bis es soweit ist. Danke für die Inspiration :) Liebe Grüße Tanja
Schöne Bilder und eine spannende Geschichte. Auch der Hinweis auf Kafka, der so seine Probleme mitten umherhuschenden Nackten hatte.... LG Sabine
jaja - die menschheit war schonmal weiter :-)
ich ahnte es und deine bilder zeigten es dann auch - nackt waren sie - die jungborn-jünger! wir haben mal auf hiddensee in einer anlage gewohnt die um die jahrhundertwende eine reform-anlage war - mit künstlerischem ansatz. allerdings durfte man mittlerweile nicht mehr nackt im garten rumhopsen....
schöne fotos hat du gemacht!!!!
xxxxx
Das ist ja wirklich ein Spaziergang durch die Vergänglichkeit... Deinen Links werde ich heute Nachmittag mit etwas mehr Musse flogen, die sind spannend!
Liebe Grüße
Andrea
Was hast du da für einen schönen Platz gefunden, die Hütten und die Geschichten, vor allem von den 'Nackten' dazu sind ja herrlich. Ich
möchte sofort wieder losfahren und mehr vom Harz erkunden. Eine sehr
fortschrittliche Lebensweise für damalige Verhältnisse, sehr vorausschauend!
Sonntägliche Grüße von Katja
Damenpark, Bärlauch und Bahnstrecke ins Nirgendwo. Deine Bilder erzählen mal wieder Geschichten und haben auch welche. Wunderbar! Bei uns blieb das Erkunden in den letzten Wochen wegen "Projekt Bad" ein wenig außen vor. Aber auch das wird sich wieder ändern.
Wünsche dir eine schöne Woche und viele neue überraschende Eindrücke!
Liebe Grüße
Solveig
Mit Interesse & Vergnügen gelesen!
Eine gute neue Woche!
Astrid
Das ist ja unglaublich... Eine richtige Zeitreise. In Brandenburg gab's Ähnliches, habe ich letztes Jahr in einer Ausstellung gesehen. Übrigens hatten wir solche Birkenholzmöbel zusammen mit den beiden - später "roten" - Bänken als allererste Gartenmöbel, aber sie haben leider da draußen bei allen Wettern nicht lange gehalten, im Gegensatz zu den roten Metallmöbeln... Ja, vor 30 Jahren war hier jedes Wochenende was los, mit Freunden und Verwandten und einem Sack voller kleiner Kinder wurde der Sommer ausgekostet ;-). Lieben Gruß Ghislana
Ein wunderbarer Bericht, liebe Mano! Schau an...ein Nervenleiden geheilt durch vegetarische Ernährung...was es alles gibt...Eine tolle Landschaft! Noch einen schönen Sonntagabend! LG Lotta.
Einen Salomonssiegel habe ich noch nie im Wald gefunden, Mano! Es ist ein Spargelgewächs? Einfach herrlich - die Anordnung der Blütenköpfe erinnert mich an das Tränende Herz. Hier geeht gerade die Welt unter - Blitz und Donner und ein bibberndes Hundeherz! Wie gut, dass ich erst um 10.00 zur Arbeit muss ;)) Ganz liebe Grüße in den grauseligen Montag, Nicole (die jetzt erst mal Deinen Kafka-Link anklicken muss! Danke!)
Geschichtsrächtige Wanderung inmitten märchenhafter Wälder.schön, dass wir dabei sein konten.
Aufzeichnungen von Kafka, sehr amüsant mit welcher Verwunderung man Nacktheit begegnet.
Grüne nichtvegetarische Grüße, karen
wie immer sehr schöne photos udn ein informativer artikel. dort würde ich auch gerne mal wandern! Liebe Grüße - Sabine
Danke Die für´s Vorbeisvchauen auf miriskum - das freut mich immer sehr! Und - ja - ich habe 24 Kraken ausgeschnitten - sehr meditativ!
Das ist ja eigentlich schon ein richtig schöner Lost Place, auch wenn es natürlich noch schöner wäre, wenn man dort immer noch Wellness machen könnte. Erstaunlich, dass man schon damals Wege abseits der Schulmedizin fand, die dann so richtig wirkungsvoll waren. Das hilft auch heute noch...Natur, gesundes Essen, Massagen...rundum gut für die Seele.
Der Bärlauchwald ist ja ähnlich toll, wie der Leipziger Auenwald. In den ehemaligen Grenzgebieten ist die Natur einfach noch in Ordnung. Danke fürs Verlinken.
Eine schöne Woche,
LG Sigrun
Salomonsiegel mag ich so gerne, aber man sieht es leider so selten. Das Heilkonzept kommt einem gar nicht so altmodisch vor, wie es nach Jahren sein könnte. Natur und Einfachheit beruhigt auch heute noch gestresste.
LG Jennifer
Schade, dass der Jungbrunnen ein Lost Place ist. Mit diesem Konzept würde man wohl auch heute noch viele Menschen anziehen - mal abgesehen vom Damenpark. Aber vielleicht würde auch das noch funktionieren.
Der Bärlauchwald ist gewaltig. Soviel Bärlauch habe ich noch nie gesehen. Den Duft kann ich mir vorstellen. Ziemlich lecker. Ich hätte wahrscheinlich sofort Hunger bekommen.
Lieben Gruß und eine schöne Woche
Katala
oh, das sieht toll aus. so herrlich, dass ich am nächsten wochenende am liebsten direkt den wanderstab schnappen und durch die anlage hindurch wandern würde...
vielen dank für deinen ausführlichen bericht und die stimmungsvollen fotos!
herzlichste grüße!
Was für eine schöner Spaziergang... die stillgelegte Bahnstrecke so verwunschen verwachsen und soooo grün, wunderbar. Sag, was hat es denn mit den Frauennamen auf den Häuschen auf sich? Waren das private Minipavillons?
Liebe Grüße und danke fürs mitnehmen,
Kebo
Was für ein spannender Ort. Das Tor steht da, als wäre der ganze Wald ein Park für Damen - das gefällt mir. Die Lichtlufthäuser sidn auch so schön. Da möchte man sofort für den Sommer einziehen. Und ein Buch schreiben. Oder nur rausschauen.
Wenn dei Natur sich menschliche Technik und Gebäude zurückholt, dann finde ich das auch immer sehr spannend. Die Bahnlinie in dem sie langsam schluckenden Wald würde ich auch gerne mal entlangwandern.
Herzlich, Katja
Wow ist das schön! Das intensive Grün und dazu der Bärlauch! Wusste gar nicht, wie groß das Gelände eigentlich ist - ein großartiger Ausflugstipp. Viele Grüße!
Liebe Mano,
wunderschöne Bilder - und ein spannender Text. Ist ja witzig, dass wir beide zufällig auf das Jungborn-Gelände gestoßen sind... Bei mir sind die Fotos schon ein wenig herbstlich angehaucht (http://www.monika-herbst.de/2016/10/16/jungborn-licht-luft-und-nackte-haut/) - aber wie ich bei dir sehe, sollte ich die Gegend unbedingt auch mal im Frühjahr erkunden. Übrigens: Geheilt wurde Adolf Just leider nicht - das hat er aber als Inhaber einer Naturheilanstalt verständlicherweise nicht an die große Glocke gehängt. Andrea Schrickel schreibt darüber in ihrer Dissertation über Adolf Just. Den Naturheilkundlern begegnete damals viel Skepsis von den Medizinern, bis hin zu Gerichtsverfahren wegen Kurpfuscherei. Schon alleine deshalb hat er sich mit dieser Info zurückgehalten...
Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß beim Harz erkunden!
Monika
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